Das Projekt NAN
NAN ist eine gemeinnützige Organisation auf der Insel Lesbos, die von vier engagierten Frauen gegründet wurde. Sie haben sich zusammengetan, um durch eine Gaststätte in der kleinen Hafenstadt Mytilini einen Treffpunkt für Geflüchtete und Einheimische zu schaffen und den Geflüchteten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.
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Wer ist NAN
NAN ist eine gemeinnützige Organisation auf der Insel Lesbos, die von vier engagierten Frauen gegründet wurde. Sie haben sich zusammengetan, um durch eine Gaststätte in der kleinen Hafenstadt Mytilini einen Treffpunkt für Geflüchtete und Einheimische zu schaffen und den Geflüchteten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Die Gründerinnen von NAN gehörten zum Team des PIKPA-Camps, einem selbstorganisierten offenen Camp für Geflüchtete, das bereits 2012 gegründet wurde. Die Idee zur Gaststätte NAN wurde 2014 durch die Solidaritätsarbeit in PIKPA geboren. Ab 2015 begannen die Aktiven mit der Mittelbeschaffung und der Renovierung des Gebäudes. 2018 öffnete das NAN seine Türen.
Das Konzept der Gaststätte basiert auf einem solidarischen Wirtschaften und einer solidarischen Zusammenarbeit, auf der Verwendung von qualitativ hochwertigen und gesunden Lebensmitteln, der Abgabe der Speisen zu fairen Preisen, der Förderung regionaler Produkte und dem Respekt vor der Natur. Dabei sollen keine Ressourcen verschwendet und die Verwendung von Plastik minimiert werden. Auch Upcycling ist ein wichtiger Aspekt.
NAN spricht sich gegen jede Verletzung von Rechten Geflüchteter aus und stellt sich gegen jede Politik, die schutzlose Menschen ungeschützt lässt, die politische, wirtschaftliche oder soziale Ausgrenzung zulässt und Menschen, die aufgrund von Krieg, Gewalt, Diskriminierung und Armut migrieren, zu "Illegalen" macht.
Lesbos ist seit mehr als 10 Jahren von einer grausamen Grenzpolitik betroffen, die sich gegen Flüchtlinge und die lokale Solidaritätsbewegung richtet. Es ist äußerst wichtig, weiterhin gegen diese Politik zu kämpfen, indem positive Beispiele für das Zusammenleben geschaffen werden und damit ein System erodiert, das Menschen, die um Schutz bitten, ausgrenzt und zu Opfern macht.
Das NAN-Restaurant auf Lesbos.
Stand Februar 2024
Die Coronakrise und besonders der Ukrainekrieg und daraus folgenden immensen Energiepreiserhöhungen haben das NAN-Projekt vor große Herausforderungen gestellt. Dies führte im Frühjahr 2023 sogar zur vorübergehenden Schließung des Restaurants.
Das NAN-Team hat die Zeit genutzt und ein tragfähiges Konzept für die nächsten Jahre entwickelt. Dieses Konzept sieht wie folgt aus: Das NAN wird in Lesvos Solidarity integriert. Dies sichert auch in Krisenzeiten den weiteren Betrieb des Restaurants. Somit wird das NAN auch in Kürze in die Webseite von https://lesvossolidarity.org/ aufgenommen.
Es wurde ein Geschäftsplan entwickelt, der vier Standbeine umfasst:
1. Verpflegungsdienst für bedürftige Bevölkerungsgruppen:
· Da wir die Situation im überfüllten Lager von Mavrovouni in den letzten Monaten und auch schon vorher aus erster Hand kannten, haben wir beschlossen, unser Programm zur Verteilung von Lebensmittelpaketen zu erweitern, indem wir personalisierte Ernährungspläne für gefährdete Bevölkerungsgruppen erstellen: Familien, schwangere Frauen, ältere Menschen und Patient*innen mit nicht übertragbaren Krankheiten (NCD).
· In Zusammenarbeit mit den medizinischen Diensten innerhalb des Lagers, aber auch mit NGO´s außerhalb, werden wir die vorrangig zu versorgenden Menschen ermitteln und sicherstellen, dass sie täglich eine gesunde und ausgewogene Mahlzeit erhalten.
· Die Mahlzeiten werden im NAN unter Berücksichtigung kultureller Besonderheiten und nach Beratung durch Ernährungsexperten zubereitet. Basis hierzu sind die Anforderungen der medizinischen Organisationen, die die einzelnen Fälle an uns weiterleiten.
2. Zertifizierte Berufsausbildung am Arbeitsplatz
· Wie bisher wird die Berufs-ausbildung von Geflüchteten und anderen gefährdeten Personen, die Kochprofis werden wollen, in einer viel besser organisierten Weise fortgesetzt. Die Zertifizierung erfolgt nach einem vollständigen Ausbildungszyklus, wie er von ACTA - Aristoteles Certification - Training & Assessment empfohlen wird. Wir arbeiten daran, Partner wie Kochschulen zu finden, die Kochkurse geben und KnowHow im Bereich Gastronomie vermitteln.
· Der Ausbildungszyklus dauert 6 Monate und die Zertifizierung ist saisonal, was bedeutet, dass wir unsere Teams zusammenstellen und mit den Zertifizierungsstellen die Prüfungstermine vereinbaren können. Das Ziel der Zertifizierung ist, dass die Teilnehmer einen Arbeitsplatz auch in der gehobenen Gastronomie finden können.
· Unser Ziel ist es, dass wir jährlich 2 Ausbildungszyklen abschließen, mit 90% Erfolg und 50% der zertifizierten Köch*innen innerhalb von 3 Monaten nach Erhalt des Zertifikats eine Stelle finden. Die Ausbildung wird auch "on the job" stattfinden, also gegen Bezahlung, wie bei jedem anderen Personal auch.
· Zielgruppen: Geflüchtete, Migrant*innen, Alleinerziehende
3. Bistro (Sozialcafé) mit einer thematischen Speisekarte für die Besucher*innen
· Das NAN wird weiterhin ein einzigartiges Menü für die Öffentlichkeit anbieten. Es wird am frühen Abend geöffnet sein, um sicherzustellen, dass das Team den Catering-Service während der Frühschicht abgeschlossen hat.
· Wir werden im NAN Selbstbedienung einführen und parallel die Möglichkeit eines Catering Service einschließlich Personal anbieten. Die Speisekarte wird sich je nach Jahreszeit und Gastköch*innen ändern. Das gibt uns die Möglichkeit immer wieder neue Geschmackswelten und Ernährungs-konzepte zu testen und den Erfahrungshorizont unserer Mitarbeitenden zu erweitern. All dies wird durch eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Landwirt*innen mit Bio-Produkten unterstützt. All dies gilt auch für den Catering Service des Bistros.
4. Drehscheibe für Veranstaltungen
· Das NAN wurde weithin als Drehscheibe des Wandels wahrgenommen. Dieses Konzept behalten wir bei und das NAN wird weiterhin für Gemeinschaften und Anlässe offenbleiben. Es wird einen Kalender geben, in dem diese Veranstaltungen wie internationale Tage, Jahrestage, Ergebnisse der LeSol-Forschung und -Arbeit angekündigt werden und der Platz für Vorschläge und Planungen bietet.
· Kommunikation, Lernen und Begegnung durch Essen ist ein enorm wichtiger Aspekt der friedensstiftenden NAN-Lebensmittelkultur. Diese Philosophie wollen wir durch öffentliche Veranstaltungen weiterverbreiten.
Management Team
Efi Latsoudi, Mitbegründerin des NAN und rechtliche Vertreterin von Lesvos Solidarity wird in Zukunft von eine*r Projektmanager*in unterstützt, deren Aufgaben die Einhaltung der Umsatz-, Rentabilitäts- und Qualitätsziele des Restaurants. Sie/er wird für einen effizienten Restaurantbetrieb sowie die Aufrechterhaltung hoher Produktions-, Produktivitäts-, Qualitäts- und Empfänger*innen-Service-Standards verantwortlich sein.
Außerdem wird ein*e Projektbetreuer*in eingestellt, um den Manager bei der Bewältigung der täglichen Arbeit zu unterstützen (Verpflegungslogistik, Materialbestellungen, Personaleinsatz).
Bis heute haben im NAN viele Geflüchtete gearbeitet und ihr Know-how im Bereich Gastronomie und Lebensmittel erweitert. So zum Beispiel: Bilal aus Pakistan, 36 Jahre alt, begann im Restaurant zu arbeiten und bedankt sich jeden Tag für die Chance, die wir ihm in einem sicheren Umfeld gegeben haben. Fenet aus Äthiopien, 24 Jahre alt, und Iza aus Georgien, 55 Jahre alt, teilen ihre Liebe zum Kochen von Speisen aus zwei verschiedenen Kontinenten. Huandida, 26, und Hamsa, 26, aus Syrien freuen sich, für Flüchtlinge aus ihrem Heimatland zu kochen. Amena, 34, aus dem Iran und Mehdi, 32, ebenfalls aus dem Iran, präsentieren stolz ihre iranischen Gerichte und freuen sich, wenn Menschen aus anderen Kulturen sie kosten. Auch Majid (28) aus Afghanistan, Gul Zaman (26) aus Pakistan, Hamsae (24) aus Tadschikistan, Ovilia (23) aus Bagladesch, Osman (23) aus Pakistan, Afshin (38) aus dem Iran und Madou (36) aus dem Iran, Amin (26) aus Afghanistan, Rasoul (25) aus Armenien, Abdul (35) aus Pakistan und Hamid (34) aus dem Iran bedienten unsere Gäste mit einem Lächeln oder halfen bei allen Arbeiten, die für den reibungslosen Betrieb des Restaurants erforderlich waren. Insgesamt haben seit der Eröffnung 17 Geflüchtete im NAN gearbeitet. Neben den Geflüchteten arbeiteten auch Einheimische im NAN, es gab keinerlei Probleme, weder in der Zusammenarbeit noch in der Kommunikation.
Situation im Februar 2024
Der eingangs beschriebene Plan ist in der Umsetzung, die Situation sieht im Februar 2024 wie folgt aus: Wir haben am 01. Februar 2024 mit zwei Vollzeitmitarbeitenden wiedereröffnet. Mehdi und Isa, zwei Personen mit NAN-Hintergrund, haben geduldig gewartet und sich nach vier Jahren mit Begeisterung bereit erklärt, mit uns zusammenzuarbeiten. Außerdem ist eine weitere Person, der Geflüchtete Anwar in Teilzeit beschäftigt. NAN wurde als Solidaritätsküche wiedereröffnet, das heißt, es gibt keine Preisliste. Jeder bietet den Betrag an, den er für die Mahlzeit, die er gegessen hat, wünscht. Darüber hinaus steht es jedem offen, einem bedürftigen Mitmenschen eine Mahlzeit zu schenken. NAN ist an drei Tagen in der Woche von 13.00 bis 22.00 Uhr geöffnet. Das Menü ist jede Woche anders und orientiert sich an der Kultur der Flüchtlinge. Für eine im Lager lebende Familie ist es keinesfalls einfach, sich nach ihren individuellen Bedürfnissen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Also beschlossen wir, 60 Personen pro Woche eine Mahlzeit anzubieten. Wir stellten Gutscheine aus und verteilten sie an bedürftige Familien, die im Lager wohnen, damit sie 4x im Monat im Restaurant essen können. Die Gutscheine werden monatlich ausgestellt und am Ende eines jeden Monats erneuert. Die Familien, die weggehen, werden durch andere Familien ersetzt. Schon jetzt gibt es eine Warteliste, die immer länger wird. Dies zeigt, wie groß der Bedarf an der Versorgung ist. Schließlich werden keine Lebensmittel verschwendet.
In Zukunft wollen wir unsere Kapazität erhöhen, das Ticket für die An- und Abreise vom bzw. ins Lager bezahlen, mehr Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen und die Betriebszeiten unserer Küche verlängern, um so viele Bedürfnisse wie möglich zu befriedigen.
In den Jahren 2018 und 2019 war NAN nicht in der Lage, seine Ausgaben zu decken. Viele arbeitende Geflüchtete boten an, die Kosten selbst zu übernehmen, weil sie nicht wollten, dass ihre zweite Heimat geschlossen wird. Obwohl es finanzielle Probleme gab, konnte Lesvos Solidarity die Schulden abbezahlen und dank der Spenden ihrer Unterstützer*innen im Februar 2024 das NAN als Solidaritätsküche wiedereröffnen. Ein wesentliches Ziel ist es, Arbeitsplätze für Geflüchtete zu schaffen und sie gleichzeitig durch professionelle Köche auszubilden. Die Einrichtungen des Restaurants werden für die Zubereitung von Speisen für Menschen in dem Lager genutzt, die nicht für die Lebensmittelverteilung in Frage kommen.
Das NAN hat es in kurzer Zeit wieder geschafft, zu einer Anlaufstelle für Einheimische, Besucher*innen, Geflüchtete und Bedürftige, Intellektuelle und Freigeister zu werden. NAN hat eine eigene Gemeinschaft geschaffen, die sich aus ganz unterschiedlichen Menschen zusammensetzt. Unser Ziel ist es, dies zu bewahren und uns an die Bedürfnisse anzupassen, um den Menschen in Not, aber auch der breiteren Gemeinschaft das Beste zu bieten.
Auf diese Weise wird ein neuer Gemeinschaftsraum geschaffen und die Integration der Geflüchteten erleichtert. Darüber hinaus könnte der Raum auch für offene Diskussionen und/oder Veranstaltungen genutzt werden, um das Bewusstsein für die Rechte von Geflüchteten aber auch Umweltfragen zu schärfen. Die Zusammenarbeit mit lokalen Frauengruppen und -verbänden wird gefördert, um Frauen aus beiden Bevölkerungsgruppen auf der Insel zu stärken.
Das NAN wird weithin als Drehscheibe des Wandels wahrgenommen. Dies wird auch in Zukunft das Konzept des Raums sein, der den Gemeinschaften offensteht. Kommunikation, Lernen und Begegnung durch Kochen und Essen ist ein wichtiger Aspekt des friedensstiftenden Charakters des NAN. Das übergreifende Ziel dieses Projekts ist es, die NAN-Solidaritätsküche zu nutzen, um Gemeinschaften zu verbinden, Arbeitsplätze, Möglichkeiten und Qualifizierungsmaßnahmen für Geflüchtete zu schaffen, die Lebensmittelknappheit zu bekämpfen und einen integrativen Treffpunkt zu schaffen.
Das NAN braucht unsere Unterstützung!
Um das Erreichte weiterzuführen, braucht das NAN weiterhin tatkräftige als auch materielle Unterstützung, um die oben beschriebenen Aufgaben erfüllen zu können. Das Restaurant ist wieder geöffnet, der Betrieb wurde wieder aufgenommen und die Motivation des NAN-Teams ist hoch.
Danke an dieser Stelle an alle Unterstützer*innen der letzten Zeit, diese Entwicklung möglich gemacht haben.